Ich wurde 1949 im Osten von Berlin geboren. Aufgewachsen mit zwei Geschwistern in einer chaotischen und ärmlichen Umgebung. Ich war ein sehr zurückhaltendes, in sich gekehrtes Mädchen, das große Minderwertigkeitskomplexe hatte. Unsere Mutter war alkohol- und tablettenabhängig und sie war alleinerziehend, nachdem mein Vater das Weite gesucht hatte. Das Leben mit ihr war für uns Kinder traumatisch. Ich als Älteste von uns Dreien hatte eine große Verantwortung zu tragen. Nach der Schule und einer anschließenden Lehrzeit habe ich verschiedene Berufe ausgeübt, bis ich schließlich meine Leidenschaft für Computer und Technik entdeckte und mich, nicht nur in diesem Bereich, sukzessive weiterentwickeln konnte. Mein Sohn wurde 1970 geboren und war das größte Glück in meinem Leben. Die Beziehung mit dem Kindesvater zerbrach, sodass ich ihn allein großzog, ohne jegliche Hilfe. Ich weiß, dass ich in dieser Zeit Fehler bei der Erziehung meines Sohnes gemacht und auch Schuld auf mich geladen habe. Ich bedauere mein Handeln zutiefst und würde es gern rückgängig machen.
Es folgte eine lange, aber unglückliche Liebe zu einer Frau und damit gleichzeitig die Erkenntnis, dass ich anders fühlte als andere. In den folgenden Jahren habe ich meine Selbstzweifel, den Prozess und den langen Kampf der Selbstfindung bis hin zur Akzeptanz meines Andersseins überwunden. Im Jahre 1987 lernte ich die Frau kennen und lieben, die mich bis heute durch dick und dünn begleitet und die mit mir Freude, aber auch viel Leid geteilt hat.
Ich trat 2014 in den Ruhestand und hatte nun endlich die Zeit und die Ruhe, die für das Schreiben meiner Biografie erforderlich war. Es war eine Herausforderung, mein gesamtes Leben noch einmal aufrollen und alles noch einmal erleben zu müssen. Aber es war mir wichtig. Ein Teil der Leute verarbeitet ihr Trauma in Liedern oder Gedichten, andere verändern ihr Leben auf die eine oder andere Art und Weise. Ein weiterer Faktor, der mich zu dieser Entscheidung bewogen hat, ist meine Familie und mein Sohn. Jeder von ihnen kennt mein Leben nicht, vieles hatte ich aus falscher Rücksichtnahme verschwiegen, oder es hatte und hat bis heute niemanden interessiert. Ich hoffe, dass sie eines Tages mein Buch lesen und so auch meine Lebensgeschichte kennenlernen.
Vielleicht verstehen sie dann, vielleicht.