Und die Zeit heilt doch keine Wunden …
Inzwischen sind neun lange Jahre vergangen, ohne jeglichen Kontakt zu meinem Sohn. Es gibt keine Annäherung von ihm, keine Erklärung. Ich weiß nicht, wo er wohnt, ob er gesund ist und wie er lebt. So, als hätte er nie existiert. Jahre voller Selbstzweifel, Sehnsucht und Hoffnung. Ich denke immer wieder an ihn, doch sein Handeln und seine Gefühlskälte bleiben mir bis heute ein Rätsel. Wir hatten lange Zeit ein liebevolles, enges und vertrautes Verhältnis. Ich habe es zumindest immer so empfunden. Er war für mich der Mittelpunkt meines Lebens und ich war mir sicher, dass wir jederzeit miteinander kommunizieren und füreinander da sein würden. Ich glaube, das war der größte Irrtum von mir. Die bittere Realität ist, dass mein Sohn beschlossen hat, sein weiteres Leben ohne mich zu gestalten. Ich muss das akzeptieren, auch wenn alles in mir stockt, es unendlich wehtut und die Frage nach dem WARUM mich nicht mehr loslässt. Wahrscheinlich war ich nicht die Mutter, die er sich gewünscht hatte. Ich bedaure dies aufrichtig. Ich habe mein Bestes gegeben, aber wahrscheinlich war es nicht ausreichend.
Er hat mich zu Fall gebracht, aber ich bin nicht liegen geblieben, wie er es vielleicht gerne gesehen hätte. Mein Leben ist jetzt wieder in Ordnung und ich versuche zusammen mit meiner Lebenspartnerin die verbleibenden Jahre, die uns beiden noch vergönnt sind, zu genießen.
Die Zeit heilt tatsächlich keine Wunden, man lernt nur mit dem Unbegreiflichen irgendwie zu leben.
Für meinen Sohn bleibt mir nur, ihm ein glückliches Leben zu wünschen und die Kraft, um mit seiner Entscheidung leben zu können.
Trotz aller Schmerzen bleibt er immer in meinem Herzen.
Ich vermisse ihn sehr, aber ich vermisse nicht die Person, die er geworden ist, sondern die Person, die er einst war.